Keine Maschinen? Zwei linke Hände? Kein Problem! Alte Pfeifen wieder flott zu machen, ist kein Hexenwerk. Was man mit einfachen Hausmitteln tun kann, zeige ich euch im heutigen Beitrag. Angefangen hat alles mit einer alten Barling, die ich für mein Britisches Museum ersteigert habe. Ihr Zustand war mehr als traurig! Mein handwerkliches Wissen auch! Daher habe ich nicht mit ihr begonnen. Goldrichtig! Das hat ihr einigen Unsinn erspart. Da ich nicht oft zum Werkeln komme, hat alles lange gedauert. Neue Arbeitsschritte habe ich erst ausgeführt, als ich mich damit sicher fühlte. Und gestern habe ich sie dann geraucht. Wie wunderbar! Was für ein Holz! Federleicht! Perfekter Zug! Ein Traum!
Ye Olde Wood
Als Werkstattpfeife für die finalen Arbeiten diente meine alte Irwin's. An ihr habe ich so alles ausprobiert, was die Experten und solche, die es sein wollen, auf YouTube empfehlen. Sie kam in einem Konvolut hier an und sah zum Fürchten aus! Das ideale Versuchsobjekt! Wegschmeißen kann ich sie immer noch! Nur munter drauf los! Keine Scheu! Was soll ich sagen: Sie ist heute eines der besten Pferde im Stall! Ein Musterbeispiel! Der große Schatz der alten Pfeifen ist die Qualität des Holzes ...
Die Unverwüstliche
Den Cake entferne ich mit einem Pfeifenmesser. Damit komme ich am besten zurecht. Um ganz auf Anfang zu stellen, kommt nachher das Schleifpapier zum Einsatz. Bis aufs Holz. Soweit so gut! Das geht schnell. Aber danach fingen die Probleme erst an. Mit in Alkohol getränkten Pfeifenreinigern wäre ich wahrscheinlich heute noch nicht fertig. Handcreme und Lappen reichten auch nicht für den Kopfrand. Letztendlich kam der ganze Kopf ins lauwarme Spülwasser, die Shisha - Bürsten mussten ran und die Stahlwollle des Topfschwamms machte den Kopf klar. Das Mundstück badete derweil in DanKlorix und wurde anschließend mit einer der handelsüblichen Spezialpolituren bearbeitet. Nachdem der Pfeifenkopf gut getrocknet war, also einige Wochen später, reichte eine Behandlung mit dem Pfeifenwachs von Roman Peter. Die Irwin´s schien wie neu. Die Narben ihrer langen Geschichte durfte sie behalten. Jetzt trägt sie sie mit Stolz.
Ende gut, alles gut? Weit gefehlt! Dem Pfeifenkopf entströmte immer noch ein fauliger Verwesungsgeruch. Ich habe dann getreu der YouTube Akademie ganz unbedarft die Salz - Alkohol- Methode angewendet. Mehrfach! Das würde ich heute nicht mehr so machen. Das Argument, dass gelöstes Salz ins Holz eindringt, dort beim Trocknen kristallisiert und Schaden anrichtet, leuchtet ein. Michael Sauer hat mich mit seiner naturwissenschaftlichen Betrachtung überzeugt. Seither folge ich seiner Empfehlung: Ein Pfeifenreiniger mit Zitronensaft kommt über Nacht in den Holm. Danach wird er mit einem in Alkohol getunkten Reiniger geputzt. Das Hausmittel in unserer Familie ist seit jeher der Stroh 80. Das Motto: So wenig wie nötig! Erstmal probieren, ob es reicht! Das war dann auch bei der Irwin's so. Vorher gab es beim Probieren aber eine sehr unangenehme Überraschung. Der Leichengeruch war zwar weg, dafür schmeckte sie beim Rauchen irgendwie bitter. Klar, das Isopropanol aus der Apotheke ist ja vergällt. Schmeckt Scheiße! Stroh 80 nicht!
Wenn sich der Einsatz von Alkohol nicht vermeiden lässt, was bei fortgeschrittener Verwesung der Fall sein kann, dann folge ich dem Rat von Otto Pollner. Der klingt zwar auf den ersten Blick noch krasser, hat sich aber tatsächlich bewährt. Die Pfeife wird auf einem Ständer so aufrecht wie möglich ausgerichtet, der Alkohlol wird in Kopf und Holm geschüttet und für eine halbe Stunde dort gelassen. Anschließend wird die Pfeife nach dem Trockenputzen mit Haushaltspapier mit Talkumpulver gelöscht. Danach muss sie gut durchtrocken. Ich habe ihr Monate gegeben. Letztendlich hat das auch die Irwin's endgültig neutralisiert. Bis auf die Sache mit dem Isopropanol.
Heute mache ich mir den Stress gar nicht mehr. Wenn Zitronensaft und Stroh 80 nicht genügen, schicke ich die Problempfeife einem Profi mit Ozonkammer. Fertig! Kein Stress! Es kostet nicht die Welt! Vor allem keine Nerven. Es ist aber trotzdem gut zu wissen, dass man es auch selbst hinkriegen könnte...
Was ich heute auch nicht mehr mache? Einrauchpaste verwenden. Auch das habe ich damals probiert. Auch das hat die Irwin's überstanden. Schadet ja nix! Stimmt! Nutzt aber auch nix! Also überflüssig! Ausnahme: Pfeifenköpfe mit Brandschäden in der Brennkammer. In diesem Fall benutzte ich Einrauchpaste, um den Schaden zu verputzen. Dazu wird das Rezept von Otto Pollner mit dem zusätzlichen Schammottmehl verwendet. Das schützt dann wirklich. Bei allen hier vorgestellten Pfeifen war es nicht nötig.
Vorher
It can't be done?
We do it!
Dreimal exhumiert
Keine Pfeife war mehr verschmutzt als die Shagpfeife von Vauen. OK, sie hatte auch am meisten Zeit zu verdrecken, soll sie doch aus den 30ern sein. Bei keiner habe ich mehr geflucht. Es brauchte mehrere Durchgänge! Der Pfeifenkopf wurde bis aufs Holz abgeschliffen. Die Otto Pollner - Methode musste ran. Hinzu kam, dass das originale Hornmundstück ziemlich zerkaut war. Hier kamen erstmalig die "Nailshiner" zum Schleifen und Polieren zum Einsatz. Seither die Allzweckwaffe für solche Arbeiten. Am Ende war ich nur froh, als es endlich vollbracht war! Nie wieder! Es soll ja Spaß machen!
Nachher
Pure Eleganz
Die Dobbelmann "Windsor" wurde für ganz kleines Geld aus der Bucht hier angespült. All die oben beschriebenen Probleme hatte sie nicht: NOS! New old stock! Unberaucht!
Alles was an Holz nicht benötigt wurde, haben die Holländer weggelassen. Die Pfeife verkörpert die zierliche Eleganz der 50er im klassischen Dublin - Shape! Was für eine Schönheit! Ganz in schwarz? Fast! Die Beizung hatte einiges an Patina angesetzt! Darunter war die Maserung des Holzes kaum zu erkennen. Meine Neugier war geweckt! Eigentlich mag ich naturbelassene Pfeifen. Also begann ein neues Kapitel. Ich griff zum Schleifpapier! Die Beizung erwies sich als hartnäckig, und ich ging zu grob vor. Letztendlich hatte ich einige Riefen hineingeschliffen. Als alles einigermaßen begradigt war, zeigte sich ein gut sichtbarer Höhenunterschied zwischen Mundstück und Holm. Das Ergebnis hat mich trotzdem froh gestimmt. Bis auf ein paar kleine Kitstellen ein schönes Holz. Die Erfahrung mit der Dobbelmann samt Lehren haben mich dann letztendlich auch ermutigt, die Barling zu schleifen.
Zu diesem Zeitpunkt war die Barling schon ausgeschliffen, gereinigt und neutralisiert. Das finale Finish traten die Pfeifen dann gemeinsam an. Aber soweit sind wir noch nicht. Es gab mittendrin lange Pausen! Dem Holz hat das Ruhen gutgetan. Zu dem Zeitpunkt war auch nicht klar, ob und wie es weitergeht. Sowohl Dobbelmann als auch Barling hätten durchaus so bleiben dürfen. Einsatzbereit waren sie. Erst weitere Erkenntnisse ließen andere Entschlüsse reifen. Gut Ding will Weil' haben. Und im Piekenbrock gehen die Uhren anders! Wie bei Jack Daniels. Wir haben viel Zeit! Deshalb hier zunächst der damalige Zustandsbericht der Barling.
Auferstanden aus Ruinen
Das Barlingkreuz auf dem Mundstück hat DanKlorix und Politur nicht überlebt. Ansonsten stand die Wiedergenesene so aufbereitet eine ganze Weile unter den Kolleginnen im British Museum. Erst später nach den Erfahrungen mit der Dobbelmann reifte der Entschluß, die tolle Maserung unter der Patina herauszukitzeln. Beim Schleifen benutzte ich überwiegend "Nailshiner". Das war zwar aufwendig, aber schonend. Um die Schönheiten zu schützen und richtig zur Geltung zu bringen, wurden beide Pfeifen mit Linölfirnis behandelt.
Das war vor einem Jahr! Eigentlich war das Bienenwachs von DanPipe dazu ausersehen, alles abzuschließen. Aber aus vielerlei Gründen in seltsamen Zeiten kam es nicht dazu. Dann sah ich das Video von Ralf Dings zur Canaubawachs - Emulsion von Kreidezeit. So kommt eines zum anderen.
Den letzten Schritt mussten Dobbelmann und Barling nicht allein gehen. Mittlerweile gab es eine Dritte im Bunde. Bei allen Dreien ist mir klar, dass ich diese Pfeifen nicht verkaufen kann. Auf dem ein oder anderen Foto von den Werktagen seht ihr auch Pfeifen, die die Bucht wieder fortgespült hat. Manchmal springt der Funke nicht über. Und manchmal umso mehr. Eine lange gemeinsame Geschichte hat gerade erst begonnen.
Opas Pfeife
"Ich hab' da was für dich!" Ein Arbeitskollege überreicht mir einen Karton. "Opas Pfeife! Wir haben sie im Nachlass auf dem Dachboden gefunden, als der Haushalt aufgelöst werden musste..." Ein Blick in Rallis Pfeifenblog verschafft Klarheit. Made in London. Die Ben Wade ist nicht in Leeds gefertigt. Sie ist also ein Stiefkind von Hermann Lane, der die Firma 1965 von den Erben übernahm, die Maschinen nach London schaffte und fortan unter dem klingenden Namen sogenannte "Seconds", B - Ware, für die ebenfalls von ihm übernommene Marke "Charatan" produzieren ließ. Ein paar kleine Kitstellen bestätigen den Verdacht. Da Herr Lane den Namen Ende der 70er für die Vermarktung von Preben Holms Pfeifen in den USA verwendete, lässt sich die Datierung einigermaßen eingrenzen. Passt auch zum Lebenslauf des Großvaters. Die erste Inspektion offenbarte ein tadellos gefertigtes Rauchwerkzeug. Der alte Herr hatte die Pfeife häufig geraucht. Immer ein gutes Zeichen. Er hat sie aber auch gepflegt. Das kann man sehen. Nach seinem Tod muss sie lange Zeit herumgelegen haben. Das Finish ist stumpf. Sie riecht nach Dachboden. Nach allem bisher Beschriebenen schien die Aufarbeitung ein Klacks zu sein. So war es dann auch. Schon beim nächsten Dienst konnte ich meinem Kollegen die Fotos der fast fertigen Pfeife zeigen. Nächste Woche wird sie persönlich präsentiert.
Eine kurze Suchanfrage in der Bucht konnte auch den ungefähren Marktwert bestimmen. Daran hat mein Kollege jedoch kein Interesse. "Bring mir einfach zwei Kisten Bier mit. Mir ist wichtig, dass sie jemand bekommt, der sie zu schätzen weiß. Das wäre in Opas Sinn!"
So, eigentlich fertig! Die Fotos täuschen jedoch! Die Ben Wade war immer noch etwas matt am anderen Tag. Ich wollte die Behandlung schon wiederholen, da kam mir die Kreidezeit wieder in den Sinn. Und zwei Kandidatinnen, die seit der Kreidezeit auf ihr Wachs warten. Gesagt, getan!
Gestern habe ich alle drei nacheinander in aller Ruhe eingeraucht! Es war ein Fest! Wie die Arbeiter im Weinberg kamen sie zu unterschiedlichen Zeiten. Gemeinsam erreichten sie ihr Ziel!
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Varas Carlos (Montag, 07 Februar 2022 15:28)
Muy bellas restauraciones, felicitaciones!!